Panton Chair

Ein britisches Topmodel, zwei möbelbegeisterte Schweizer, zwei deutsche Chemie-Giganten und ein hartnäckiger Däne – das waren die Zutaten für ein Möbelstück, das heute als Ikone der Pop-Art gilt. Der Däne hieß Verner Panton. Schon als Student der Kunstakademie in Kopenhagen zeichnete er seinen bekannten Stuhl: ein elegantes „S“, freistehend wie eine Skulptur und dennoch praktisch nutzbar. Einen interessierten Hersteller fand er jedoch lange Jahre nicht. Als Material wollte Panton gefärbtes Plastik einsetzen. Der Designer war fasziniert von den Möglichkeiten der neuartigen Kunststoffe, der völligen Freiheit bei Form und Farbe. Zwei Möbelfans aus der Schweiz, Willi und Rolf Fehlbaum, ließen sich schließlich von der Idee des „hinterbeinlosen“ Plastikstuhls anstecken.

Mit einem Kunststoff, den der Chemie-Riese Bayer Mitte der 1960er Jahre entwickelte, ging der Plastikstuhl so 1967 in Produktion. Ein zweiter neuer Kunststoff, diesmal von BASF, ermöglichte kurze Zeit später, dass Pantons Traumstuhl als erstes Sitzmöbel überhaupt durchgehend aus einem Material in einem Guss produziert werden konnte. Für Verner Panton brachte der bunte Kunststoffstuhl endgültig den Durchbruch. Er erhielt Aufträge als Inneneinrichter, unter anderem für die poppig-orange Kantine des Spiegel-Verlags in Hamburg, die heute unter Denkmalschutz steht.

Einer der ersten Panton Chairs ist im Museum of Modern Art in New York ausgestellt. 1995 sorgte ein Cover der Vogue für Furore, auf dem sich Kate Moss freizügig auf dem Pop-Art-Stuhl räkelt. Auch heute hat der Stuhl nichts von seiner Faszination verloren. Die beiden Chemie-Riesen werben noch immer mit dem Panton Chair für ihre Kunststoffe. Die beiden möbelbegeisterten Schweizer bauten die Firma Vitra auf und haben mit dem Panton Chair einem Klassiker des modernen Möbeldesigns den Weg bereitet – es gibt ihn inzwischen sogar als Mini-Version für Kinder. Und Topmodel Kate Moss? Die hat ihn wahrscheinlich im Wohnzimmer.

Freischwinger MR 10

Als Vizepräsident des Deutschen Werkbundes (1926-1932) wurde Mies van der Rohe mit der Realisierung des Gesamtprojektes der ‘Weißenhof-Siedlung’ bei Stuttgart betraut, die 1927 als Ausstellung eröffnet wurde. Im Rahmen der Vorbereitungen traf er sich am 22. November 1926 mit Heinz Rasch, Mart Stam und anderen in Stuttgart. Während des Gesprächs erläuterte Mart Stam seinen Entwurf eines hinterbeinlosen Stuhls und skizzierte ihn. Da es Stam auf ein kubisches, geometrisch klares Erscheinungsbild ankam, wählte er Gasrohrabschnitte, die durch Winkel-Fittings mit kleinen Radien miteinander verschraubt wurden.

Mies kam im November 1926 aus Stuttgart zurück und erzählte von Mart Stam und seiner Stuhlidee. Wir hatten ein Zeichenbrett an der Wand, darauf zeichnete Mies den Stam-Stuhl, rechtwinkelig, von oben angefangen. Auch die Muffen fügte er hinzu und sagte: ‘Hässlich, so was Hässliches mit diesen Muffen. Wenn er wenigstens abgerundet hätte – so wäre es schöner’ und skizzierte einen Bogen. Nur ein Bogen aus seiner Hand an der Stam-Skizze machte den neuen Stuhl aus”.

Für das Interieur eines Stam-Hauses in der ‘Weißenhof-Siedlung’ wurden mehrere Stam-Stühle bei der Eisenmöbelfabrik Arnold in Schorndorf bei Stuttgart angefertigt, jedoch ohne Muffen aus heiß gebogenen Eisenrohren. Da diese zu weich waren, gab ein erster Prototyp, auf den sich Stam setzte, unter dem Körpergewicht nach. Verstärkungen aus Rundeiseneinlagen schufen eine ausreichend stabile, jedoch biegesteife Konstruktion. Währenddessen experimentierte Mies van der Rohe mit Mannesmann- Präzisionsstahlrohren, die er kalt formte, wodurch die elastische Eigenschaft des dünnwandigen Stahlrohres erhalten blieb. Die Halbkreis-Bögen der ‘Vorderbeine’ begünstigten diesen Effekt, da sie die Federwirkung des Rohrs optimal unterstützen. Kurze Zeit nach Mart Stam stellte auch Mies van der Rohe seine Stühle, die ersten Stahlrohr-Freischwinger in der ‘Weißenhof-Siedlung’ aus. Die Nachgiebigkeit der Konstruktion gewährleistete einen hohen Sitzkomfort, wie er sonst nur von gepolsterten Stühlen und Sesseln bekannt war, ohne ihre Behäbigkeit übernehmen zu müssen. Die filigrane Leichtigkeit der Stahlrohrmöbel prädestinierte sie für die Interieurs des ‘Neuen Bauens’.

Im Jahr der Erstpräsentation stellte Mies van der Rohe auch in Amerika einen Patentantrag für den Freischwinger. Die Patenterteilung wurde ihm mit dem Hinweis auf das amerikanische Patent Harry E. Nolans aus dem Jahre 1924 (1922 beantragt) zunächst verwehrt, da dieses bereits einen freischwingenden Gartensessel mit Spiralfederung vorsah. Erst nachdem Mies van der Rohe durch den Bau eines Prototypen des nie realisierten Modells nachweisen konnte, dass dieser aus massiven, stählernen Rundstäben gebildete Sessel nicht federn konnte, wurde ihm das Patent erteilt. Ausgelöst durch die ‘Werkbund’-Ausstellung in der ‘Weißenhof-Siedlung’ setzte eine Welle von Abwandlungen, Verbesserungen aber auch Kuriositäten in Stahlrohr ein. Heute wird Mies van der Rohe Freischwinger in jeweils unterschiedlichen Ausführungen von Tecta, Lauenförde, Thonet, Frankenberg und Knoll International angeboten.

Freischwinger MYTO

Anlass für den Entwurf des Stuhles war der fließfähige Kunststoff Ultradur® High Speed von BASF. Der Stuhl wurde als Monoblock konzipiert, um im Spritzguss das Werkzeug zu füllen und durch das netzartige, filigrane Gewebe mit der tragenden Rahmenkonstruktion die netzartige Sitz- und Rückenfläche frei schwingend zu gestalten. Der äußere Rahmen ist stabil und lässt in fließenden Übergängen dem Netzgewebe genügend Spielraum. Das Material lässt auch einen Einsatz im Außenbereich zu, der Stuhl ist bis zu acht Stühlen stapelbar und wird in verschiedenen Farben angeboten: schwarz, weißgrau, verkehrsrot, reinorange, grau, gelbgrün, aubergine, hellblau. Schon nach kurzer Zeit fand MYTO Eingang in die Dauersammlung des MoMA, New York.1

Konstantin Grcic Industrial Design wurde 1991 gegründet. KGID ist in vielen Bereichen des Designs tätig, vom Möbeldesign bis hin zu Architekturprojekten. Konstantin Grcic entwirft industrielle Produkte, die oft als essentiell, schlicht, minimalistisch beschrieben werden. Er selbst bevorzugt den Begriff der Einfachheit. Die auf den Menschen zugeschnittene Definition von Funktion wird mit einer Mischung aus formaler Strenge, intellektuellem Scharfsinn und einer gewissen Ironie erreicht. Der Dialog mit der Industrie, die Auseinandersetzung mit der Herstellung und der Funktion von Objekten sind Quelle seiner Kreativität. Neue Technologien und ökologische Kompatibilität spielen bei seinen Entwürfen ebenso eine Rolle wie designhistorische Bezüge.2

BASF-WORKSHOP

Das Projekt MYTO geht auf den Spätsommer 2006 zurück, als die BASF vier namhafte Designer, darunter den inter­national renommierten Konstantin Grcic, zu einem gemeinsamen Workshop nach Ludwigshafen einlud, um ihnen das kreative Potenzial der „Ultras“, der technischen Kunststoffe der BASF, näherzubringen. Innerhalb der folgenden Mona­te entstand gemeinsam mit Konstantin Grcic (KGID) die Idee, die besonderen Eigenschaften des Kunststoffs Ultradur® High Speed in einem industriell gefertigten Design-Produkt zu verwirklichen. Eine Sitzgelegenheit, ein Freischwinger – darin war man sich schnell einig – ist die größte Herausforderung für ein Möbelstück aus Kunststoff, nicht nur in der Herstellung, sondern auch im Entwurf. Bereits sehr früh in der Entwicklung wurde der italienische Möbelhersteller PLANK in das Projekt eingebunden, der sowohl für die Fertigung des Serienteils als auch für den Vertrieb des Stuhles zuständig ist. Schnelligkeit, Teamgeist und die optimale Verbindung zwischen dem Kunststoff und der Idee des Freischwingers berei­teten dem ambitionierten Projekt den Weg. Das Vorhaben konnte durch den konstruktiven Dialog der Beteiligten in ei­ner Rekordentwicklungszeit von nur knapp mehr als einem Jahr abgeschlossen werden.

„Diese Effizienz ist ein Novum. Projekte innerhalb so kurzer Zeit im Spezialistenverbund umzusetzen, ist im Design zukunftsweisend“, meint Grcic. Die BASF als Initiator war mit ihrem Know-how über das neuartige Material während des gesamten Prozesses die treibende Kraft: So entstanden nach kurzer Zeit die ersten Stuhlentwürfe, bei denen sowohl die technischen als auch die ästheti­schen Eigenschaften des Werkstoffs optimal ausgenutzt wurden. Es folgten erste Drahtmodelle, dann Styropormodelle, die den Sitzkomfort demonstrieren, sowie mehrere CAD-Modelle und Entwicklungsschleifen zur Festigkeitsberechung und Formteilgestaltung. Im Mai 2007 entschieden sich die Partner für das endgültige Design und starteten den Werkzeugbau.3

MYTO in Full Swing

„[…] Wie kein anderer Stuhl hat der Freischwinger Design und Moderne geprägt. Trotzdem haben Gestalter dieser Produktgattung zuletzt kaum noch Beachtung geschenkt. Mit dem Freischwinger Myto kehrt nicht nur diese Typologie in unseren Alltag zurück, sondern auch ein sehr beschwingtes Sitzgefühl.

Konstantin Grcic verspürte „fast so etwas wie Leichtsinn“ nachdem er BASF im Rahmen eines Ideenaustauschs einen Freischwinger vorgeschlagen hatte. „Da war plötzlich dieser Freiraum.“ Klar, dass Grcic alles möglich erschien. Insbe­sondere an Kunststoff-Freischwingern, die als Monoblocks im Spritzguss gefertigt wurden, hatten sich in der Post- Panton-Ära niemand mehr gewagt. Die Materie galt als schwierig. Nicht nur, weil man sich mit einer Stilikone messen musste, auch die Haltbarkeit der Kunststoffe war lange Zeit ein Problem. Erst neue Werkstoffe wie Ultradur®, das PBT (Polybutylenterephtalat) der BASF verbanden große Festigkeit mit jener hohen Fließfähigkeit, die man benötigt, um fein modellierte Querschnitte zu realisieren. Grcics Stuhl läutet nun eine neue Ära ein, jenseits der ausgetretenen Pfade des Retro-Designs. Endlich geht es wieder um formale und technische Innovationen, um neue Materialien. Anstöße wie sie auch schon die „Bauhäusler“ in ihren Entwürfen verarbeiteten. Auch sie ließen sich durch damals neue Technologien inspirieren, die sie in Automobilen, Flugzeugen und Fahrrädern umgesetzt fanden. In dieser Tradition steht nun auch der von der Südtiroler Firma Plank ge­fertigte Stuhl Myto. Ein würdiger Vertreter seiner Gattung. Der Kunststoff-Stuhl legt seine konstruktiven Details offen, nutzt die Möglichkeiten des neuen Materials bis an die Grenzen aus und bietet mit seiner technisch-nüchternen For­mensprache auch formal jede Menge neuer Ansätze. Vielleicht wird er einen neuen Kunststoffboom auslösen. Wer weiß. Eines hat er aber schon geleistet: Er hat uns dieses beschwingte Wippen wieder beschert, das Sitzgefühl der Moderne.“ 4

PLANK

Plank ist ein traditionsreiches Unternehmen und hat seinen Ursprung im Jahre 1893. Technologie und Funktionalität vereint durch das Design war jeher das Ziel der Bestrebungen. Unter diesem Leitmotiv ist die Kollektion gewachsen und mit ihm wird heute der Name Plank unverkennbar in Verbindung gebracht. Die Kollektion unterscheidet sich in verschie­denste Produkt-Typologien: Stühle, Sessel, Lounge Sessel, Tischsysteme, Barhocker. Die Produkte von Plank wurden mehrfach ausgezeichnet und stehen in weltweit renommierten Museumskollektionen. Plank arbeitet mit namhaften Designern. Gemeinsam mit Konstantin Grcic brachte Plank den Barhocker Miura (2005) auf den Markt, der kürzlich in die Sammlung des Museum of Modern Art in New York aufgenommen wurde.5

BASF

BASF ist das führende Chemie-Unternehmen der Welt: The Chemical Company. Als zuverlässiger Partner hilft die BASF ihren Kunden in nahezu allen Branchen, erfolgreicher zu sein. Mit hochwertigen Produkten und intelligenten Lösungen trägt die BASF dazu bei, Antworten auf globale Herausforderungen wie Klima­schutz, Energieeffizienz, Ernährung und Mobilität zu finden. 6

Barcelona Sessel

Es ist ein Stuhl für Könige: Der „Barcelona Sessel“ von Ludwig Mies van der Rohe war auf der Weltausstellung 1929 in Barcelona als Thron für den spanischen König und die Königin vorgesehen, als diese den Pavillon besuchten. Von Barcelona hat dieser Sessel allerdings einen Siegeszug um die ganze Welt angetreten.

Mies van der Rohe, 1886 in Aachen geboren, hatte sich in den 1920er Jahren bereits als führender Architekt und Wegbereiter der Moderne einen Namen gemacht. Die deutsche Regierung beauftragte ihn damit, den deutschen Pavillon für die Expo in Barcelona zu entwerfen. Sein Stil zeichnet sich durch Klarheit und Einfachheit aus. Er selbst bezeichnete seine Entwürfe als „Haut und Knochen“ Architektur – und beschrieb damit treffend die Konstruktionen aus Stahltragwerk und Glasfassaden.
So realisierte er auch den Pavillon in Barcelona, ein futuristisch anmutendes Gebäude, das heute zu den bedeutendsten Werken der modernen Architektur zählt. Insbesondere die Inneneinrichtung des Pavillons stellte den Architekten vor eine Herausforderung:

„Der Sessel ist ein schwieriges Objekt. Wer jemals versucht hat, einen Sessel zu entwerfen, weiß, wovon ich spreche. Es gibt endlose Möglichkeiten und viele Probleme. Es ist fast noch einfacher, einen Wolkenkratzer zu entwerfen als einen Sessel“

Ludwig Mies van der Rohe

… so der Architekt. Mies van der Rohe war zeitweise Direktor des Bauhauses Dessau und vertrat dessen Prinzip, für jedermann erschwingliche, funktionale Produkte zu schaffen.
Dennoch war der „Barcelona Sessel“ nie für die Serienproduktion gedacht. Der hochwertige Edelstahlrahmen ist aus einem Guss gefertigt. Die Lederpolster bestehen aus 40 einzelnen quadratischen Elementen, die in Handarbeit zusammengefügt werden. Trotz seines hohen Preises (ca. 5150 Euro) erfreut sich der Sessel einer treuen Liebhabergemeinde – seit 1953 fertigt die Firma Knoll International als einziger autorisierter Hersteller diesen Klassiker nach dem Originalentwurf des Architekten.

Alu Chair EA 107 / 108

Aus den Büros ist er längst nicht mehr wegzudenken: der Alu Chair EA 107 von Charles und Ray Eames. Das vielseitige Büromöbel gehört zur 1958 entworfenen Aluminium Group mit verschiedenen Drehstühlen. Sie alle basieren auf demselben Prinzip: Der Bezug wird in seitlichen Aluminiumprofilen befestigt. Er ist damit kein Hülle, sondern ein tragender Teil der Struktur. Die Aluminiumkonstruktion bleibt deutlich sichtbar und verleiht dem Stuhl sein charakteristisches Aussehen.

Charles und Ray Eames hatten eine ganz besondere Philosophie: Das amerikanische Designer- und Architektenpaar machte es sich zur Lebensaufgabe, Möbel zu entwickeln, die sich am Menschen und seinen Grundbedürfnissen orientieren. Dafür experimentierten sie in ihrem Atelier in Kalifornien mit verschiedensten Materialien und Verarbeitungstechniken. Sie suchten zeitlebens Lösungen, die ebenso alltagstauglich wie optisch ansprechend sind. Die Aluminium Group ist eines der Resultate: Der frei gespannte Bezug von Sitzfläche und Rückenlehne passt sich optimal der Körperform an und bietet so höchsten Komfort. Sowohl technisch als auch formal war die Aluminium Group Ausgangspunkt für viele weitere Experimente und Entwürfe der Eames. Mit ihren hoch funktionalen Entwürfen in Verbindung mit zeitloser Formensprache prägte das Paar die Designkultur im Nachkriegsamerika wie kein zweites.

Heute gehört der Alu Chair zu den bedeutendsten Möbelentwürfen des letzten Jahrhunderts. Als Beispiel für hervorragendes, praktisches Design hat der Bürostuhl sogar seinen Platz im New Yorker Museum of Modern Art gefunden. Ursprünglich für Außenräume entwickelt, ist die gesamte Kollektion mit ihren Bezügen aus Leder, Netzgewebe oder Hopsak besonders langlebig.