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Designkontext

Kontext – Wie ist Design vernetzt?

Produkte stehen nie für sich allein, sondern sind komplex vernetzt. Ähnlich konzentrischer Ringe lassen sich vom Gegenstand ausgehend immer weitere Kreise ziehen, will man die unterschiedlichen Beziehungen eines Produktes beschreiben. So stehen die Einzelteile eines Objekts untereinander in Zusammenhang, und das Produkt hat Wechselwirkungen auf sein Umfeld. Nicht zuletzt bezieht es sich auf den Nutzer. Produktgestaltung ist damit letztlich Prozessgestaltung, die den Umgang der Menschen mit den Dingen, aber auch den Umgang untereinander beeinflusst.

Mehr als die Summe der Einzelteile

Die meisten Produkte setzen sich aus einzelnen Teilen zusammen, die wiederum in Beziehung zueinander stehen. Daher müssen die einzelnen Bestandteile so gestaltet sein, dass sie als Einzelteile klar lesbar, also erkennbar sind und dennoch in einer ästhetischen Verbindung zu den weiteren Produktdetails stehen. Bei einem Bürostuhl etwa stehen Rollen, Fuß, Sitz oder Armlehne im Kontext zueinander. Um einen optischen Zusammenhang zu erzeugen, werden oftmals gleiche Farbtöne und ästhetisch ähnliche Formelemente gefertigt.

Produkt und Umfeld

Ebenso wie die einzelnen Elemente eines Bürostuhls zueinander in Beziehung stehen, steht dieser in Verbindung zu seinem Umfeld. Etwa zum Schreibtisch, wo weitere Produkte wie Telefon, Computer, Stifte, Akten und dergleichen versammelt sind. Das Makroumfeld Arbeitsplatz bildet so zahlreiche „Kooperationen“: Licht soll den Arbeitsplatz optimal beleuchten, Abfall muss gesammelt, Dokumente sollen bearbeitet und Papiere aufbewahrt werden. Dies bedeutet Leuchten, Papierkörbe, Stauraummöbel und dergleichen mit ihrem spezifischen Design. Je angeglichener die Gesamtästhetik der einzelnen Elemente untereinander ist, desto beruhigter und damit störungsfreier wird das Arbeitsumfeld sein. Dabei hat der Arbeitsort großen Einfluss auf die Wahl der einzelnen Produkte. Handelt es sich etwa um ein Großraumbüro, fällt die Ästhetik des Umfeldes anders aus als bei einem Home Office, wo wohnliche Aspekte naturgemäß im Vordergrund stehen. Auch ein Loft wird anders eingerichtet sein als eine Bürozelle.

Kontext Umwelt

Weil Design oftmals ein expliziter Teil der Unternehmensphilosophie ist, wirken Unternehmenskultur und – haltung unmittelbar auf Gestaltungslösungen und ihre Ästhetik. Und ebenso wie eine bestimmte Unternehmensphilosophie Einfluss auf Markenimage [1] und Produktgestaltung hat, bestimmen Arbeitsethos und Vorgehensweise von Designern deren Problemlösungen. Der Schweizer Stadtsoziologe Lucius Burckhardt bricht in diesem Zusammenhang eine Lanze dafür, in integrierten Komplexen zu denken, anstatt Einzellösungen zu finden, die die zugrunde liegende Problemstruktur [2] unangetastet lassen1. Er kritisiert, Designer teilten die Welt in Objekte ein anstatt nach Problemen. Nach Burckhardts Modell ginge es nicht darum, einzelne Gestaltungen etwa von Häusern, Verkehrsampeln und Kiosken zu optimieren, sondern den Komplex Straßenecke zu verbessern. Indem die Welt nach Gegenständen und nicht nach Problemen eingeteilt würde, wird sie in einer bestimmten Weise gestaltet. Burckhardt mahnt: „Auch das Nicht- Verändern der Institutionen ist eine Gestaltung.“

Autor*in

Godau, Marion

Werk

Textauszug aus: Godau, Marion: Produktdesign. Eine Einführung mit Beispielen aus der Praxis. Birkhäuser, Basel, 2004.

Quellen

1 Lucius Burckhardt: Design ist unsichtbar. In: Hans Höger für den Rat für Formgebung (Hg.): Lucius Burckhardt. Design = unsichtbar. Ostfildern 1995, S. 19f.

Weitere Literatur

Fritz Hahne in: Wilkhahn – Wilkening und Hahne GmbH + Co (Hg.): Thinking No.1_ Visionen eines Unternehmens. Bad Münder o.J.
Burkhard Remmers: Ganzheitliche Unternehmenskultur als Synthese von Design, Sozialorientierung, Ökologie und Ökonomie. In: Hermann Sturm (Hg.): Geste und Gewissen im Design. Köln 1998,133f.
Rudolf Schwarz (Hg.): Mehr als Möbel. Wilkhahn ein Unternehmen in seiner Zeit. Frankfurt / Main 2000, S. 115

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