Es liegt im Wesen einer gigantischen industriellen Dynamik des 19. Jahrhunderts, die mit ihren negativen sozialen Folgen (Landflucht, Auswanderung, Verarmung, Hungerperioden, städtische Elendsquartiere) sozialpolitisch motivierte Gegenbewegungen heraufbeschwor. Die Verdrängung arbeitsintensiver handwerklicher Produktionsweisen setzte Arbeitskräfte frei, die sich nicht ohne weiteres den neuen maschinellen Produktionsformen anpassen ließen. Stellvertretend für die damaligen miserablen sozialen Zustände in vielen traditionellen Handwerksberufen beklagt Gerhard Hauptmann in seinem Drama „Die Weber“ die pressierenden Nöte eines sich auflösenden Berufsstandes: Industrielle Textilproduktion großen Ausmaßes ersetzte die meist in unzähligen kleinen Heimwerkstätten betriebenen Webstühle. Dies alles ereignete sich in einer Zeit, als man es in Preußen als großen Fortschritt feierte, als das Mindestalter für Bergwerksarbeiter auf neun Jahre heraufgesetzt wurde. Der Protest gegen die elenden Zustände war allgegenwärtig.
Eine Welle von Reformbewegungen ging von England aus. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh. von dort initiierte Arts & Crafts-Bewegung hatte sich zum Ziel gesetzt, den geistigen, sittlichen und sozialen Folgen des Strukturwandels mit einer Erneuerung des Handwerk-Ideals gegen Maschinen und Industrialisierung zu begegnen. Ihre Vorschläge sind zwar als folgenreicher, doch zugleich letztlich erfolgloser Versuch zu werten, eine internationale Debatte um das Verhältnis von künstlerischen Anteilen an der industriellen Produktionsweise in Gang zu setzten. Der Protest richtete sich zunächst vor allem gegen den Verlust des künstlerischen Einflusses auf die Warenproduktion. Denn die billig gefertigten Alltagsgegenstände, die nun stilbildend und zugleich den Massengeschmack beeinflussend den Markt überschwemmten, waren den Reformern ein Dorn im Auge. Wichtigster Impulsgeber war zunächst William Morris (1834-1896), der eine Rückkehr zu solider handwerklicher Solidität, Materialgerechtigkeit und gediegenen, möglichst aus Naturmaterialien abgeleiteten Gestaltungslösungen propagierte. Mit seinem Tradition und Werten verpflichteten Glaubenssatz „Als Lebensbedingung ist alle Maschinenproduktion von Übel“ wollte er einen revidierten Blick auf die kulturelle Bedeutung herkömmlicher Produktionsweisen anregen, – im Ergebnis blieben die Produkte jedoch aufgrund ihrer viel zu hoher Kosten außerhalb jeder Konkurrenz. Morris` qualitative Anforderungen an Gebrauchsgegenstände blieben angesichts technisch noch begrenzten Fertigungsmöglichkeiten in jener Zeit kaum umsetzbar. Angesichts der Tatsache einer sich immens ausbreitenden rationalen Maschinenwelt wird Morris von vielen Kritikern als weltferner Romantiker eingestuft, der auf verlorenem Posten stand.
Dennoch wird Morris gemeinsam mit John Ruskin (1819-1900), und darin liegt seine Bedeutung für das Produktdesign, unbestritten als geistiger Vorkämpfer einer sozialen Verpflichtung des Produzierens angesehen, vor allem, weil er Erzeugnisse nicht isoliert auf die monetären Vorteile ihrer Erzeugung, sondern im komplexen humanen Herstellungs- und Gebrauchskontext betrachtete. Beiden ging es um die Ganzheitlichkeit von Herstellungsprozessen und den humanen Gebrauch der Dinge. Das Prinzip einer zerstückelnden Arbeitsteilung, wie sie später im Taylorismus folgenreich zum Ausdruck gelangte, lehnten sie konsequent ab. Keineswegs darf daher die Ausstrahlungskraft ihrer Anregungen und Kritik als folgenlos angesehen werden.
„Morris löste eine Reformwelle aus, die später auch Deutschland erreichte, wo die Industrialisierung erst nach der Reichsgründung 1871 eingesetzt hatte. Auch die deutschen Hersteller erkannten, dass gut gestaltete Industriegüter ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor waren: Man studierte das englische Ausbildungssystem, um dann die Kunstgewerbeschulen zu reformieren. Eine ganze Generation von Malern begriff nun die angewandten Künste als wichtigste Aufgabe. Die Dresdner Werkstätten (1898), deren Maschinenmöbel Richard Riemerschmid entworfen hatte, sind das bekannteste Beispiel zahlreicher Werkstättengründungen auf deutschem Boden. In Österreich entstand 1903 die Wiener Werkstätte, deren bedeutendste Vertreter Josef Hoffmann und Koloman Moser waren.“
In Deutschland trug vor allem auch Gottfried Semper (1803-1879) zur Propagierung neuer, praktisch-technisch orientierter Gestaltungsformen und einer Reform der kunstgewerblichen Ausbildung des Nachwuchses bei.