Interviews: Designer kommentieren

In kurzen Filmen, die für Designwissen.net entwickelt wurden, geben verschiedene Designer Antworten zu Fragen bezüglich der Entwicklung von Designobjekten:

Zeichen und Symbole

Harley Davidson Motorrad

Das Motorrad ist mittlerweile zur fahrenden Legende geworden. Für die Besitzer sind die Motorräder zum Symbol für Freiheit und selbst bestimmtes Leben geworden. Dazu zählt auch der Adler, der im Logo integriert ist.
Konnte die symbolische Funktion zwar kaum bei der Entwicklung der ersten Harley Davidson Motorräder eingeplant werden, sind die Maschinen heute klare Symbole für die Fahrer und Fans.

Nationalflaggen

Oft nur Zeichen, die wenig emotional aufgeladen sind, können Nationalflaggen je nach Begeisterung der Menschen aber auch zu starken Symbolen werden. Denkt man an Nationalflaggen, fallen einem vielleicht jene der USA und der Republik Brasilien ein. Beide können Symbole für durchaus sehr unterschiedliche Gefühle sein.
Die Flagge der USA wird oft mit dem »American Way of Life« in Verbindung gebracht. Alleine dieser Slogan ist schon ein Symbol für sich, der gemischte Gefühle auslöst: steht er einerseits für Modernität und Fortschritt, wird die Kritik an den politischen Aktionen der USA durch ihn geweckt. Die Flagge ist ein häufig verwendetes Symbol für die »Amerikanisierung«, wie die Globalisierungsgegner deren Fortschritt nennen. Die brasilianische Flagge ist hierzulande weniger ein Symbol, das mit politischen Werten in Verbindung gebracht wird. Sie symbolisiert eher ein Lebensgefühl, das die Menschen mit dem südamerikanischen Lebensstil in Verbindung bringen: Lebensfreude, Spontaneität und Durchsetzungsvermögen in einem vielseitigen Land. Außerdem ist die Flagge selbstverständlich auch ein Symbol für den Fußballsport, für den Brasilien bekanntlich viel Respekt durch die Fans erhält. Symbole sind immer eine Sache der persönlichen oder kulturellen Meinung. Ob die Brasilianer ihrer Flagge die gleiche Bedeutung beimessen ist fraglich. Auch, ob jeder Leser den Aussagen zustimmt. Wenn von Symbolen gesprochen wird, kann lediglich eine bestimmte Gruppe berücksichtigt werden, die einen Gegenstand symbolisch wertet.

Türme

Türme sind traditionelle Symbole für Macht. Wer einflussreich war oder ist baut einen Turm, um dies auszudrücken. Früher teilte sich die Kirche mit den weltlichen Herrschern die Macht und beide errichteten entweder Kirchoder Schlosstürme. In unserem Kulturkreis hat der Feudaladel an Einfluss verloren – stattdessen übertreffen sich die Banken und großen Wirtschaftskonzerne gegenseitig in der Höhe ihrer Türme. Kreuzgrundriss von Kirchen Das Kreuz kann je nach Verwendung ein sachliches Zeichen oder ein emotionsgeladenes Symbol sein. Als fettes rotes Kreuz dient es als Logo für die entsprechende Hilfsorganisation und wohl eher als Zeichen. Im Zusammenhang mit der Kirche wird es aber zum Symbol für Frieden und für die überlieferte Befreiung der Christen durch Jesus. Es wird zum absoluten kirchlichen Symbol und findet sich als Form über Altären, auf Gewändern, Kirchtürmen und sogar in den Grundrissen von Kirchen. Architektur entwickelt durch solche Zusammenhänge deutliche symbolische Aussagen.

Herz

Niemand hat sich an einen Tisch gesetzt und so lange skizziert, bis er ein Symbol für die Liebe gefunden hat. Die Form des Herzens ist einfach irgendwann entstanden und hat sich mit der Zeit zum Symbol der Symbole entwickelt. Es taucht einfach überall auf, wird in Liebesbriefen verwendet, mit dem Pfeil des Amors durchschossen oder als klassische Tätowierung zusätzlich zu einem Frauennamen auf dem Körper abgebildet. Das Herz wurde nicht von einem Designer entworfen und trotzdem ist es Design! Es ist ja eine von den Sinnen wahrnehmbare Form, die eine Funktion für den Menschen erfüllt: eine symbolische Funktion.

Variantenvielfalt

Oder: Warum gibt es 1000 verschiedene Stühle?

Würden nicht 10 Stuhlvarianten genügen? Oft ähneln sich die Entwürfe; häufig kann man aber auch sehr außergewöhnliche Lösungen entdecken. Sie unterscheiden sich in Form, Farbe, verwendetem Material und durch die unterschiedlichen technischen Prinzipien, die verwendet wurden. Mal ist ein Stuhl aus einem einzigen Kunststoffguß hergestellt – ein sogenannter Monoblockstuhl. Ein Freischwinger besteht dagegen oft aus Stahlrohren, so daß man beim Sitzen leicht auf und ab wippen kann … Jedes einzelne Design besitzt seine Besonderheit und kann bestimmte Funktionen ausführen, die andere Stühle nicht besitzen. Sitzen kann man auf allen. Dies ist eben die Hauptfunktion. Jedoch ist die Ergonomie von Stuhl Eins vielleicht etwas besser als die von Stuhl Zwei, wobei letzterer womöglich eine besondere psychologische Funktion erfüllen soll. Ein ganz anderes Design soll vielleicht als besonders modern wahrgenommen werden und sich stilistisch in ein sehr modernes Umfeld einfügen. Völlig identisch sind einzelne Modelle nie.

Auch der technische Fortschritt führt zu immer neuen Innovationen. Moderne Materialien führen zum Beispiel dazu, dass die Sitzschalen von Stühlen dünner werden können. Auch neue Erkenntnisse über Ergonomie können zu innovativen Stuhlkonzepten führen. Weiterhin geben marktwirtschaftliche Interessen ständig neue Entwürfe in Auftrag und wollen die Kaufbereitschaft der Kunden wecken. Verschiedene Anbieter von Stühlen brauchen selbstverständlich jeweils eigene Modelle und müssen dafür sorgen, dass der Absatz erhalten bleibt. Manchmal sind aber auch einfach nur modische Trends für neue Entwürfe verantwortlich. Schließlich wünschen sich Menschen eine vielseitige Welt, die für Abwechslung sorgt. In Kurzform sind nun viele Gründe aufgezählt, die zu einer breiten Vielfalt von Stühlen führen. Wie mit den Stühlen verhält es sich mit Automodellen, Tischen, Kleidung, Computern, Stiften, Lebensmitteln und allen Dingen, die in vielen Varianten existieren. So wird die Welt abwechslungsreich.

Umzingelt von Design

Design ist ein ganz wesentlicher Aspekt unseres Lebens. Man stelle sich an einen beliebigen Ort in der Stadt. Wenn man sich dann umschaut, um die vermeintlich selbstverständlichen Dinge genauer zu betrachten, wird einem die umfassende Präsenz und Wirkung von Gegenständen, die ein Design besitzen, bewusst. Design ist förmlich überall! Man wird vielleicht Werbeplakate vorfinden, die für einen Reiseveranstalter oder für eine politische Partei werben. Da gibt es Hinweisschilder, die kompakte Information enthalten und den Menschen den Weg weisen. Sportliche Autos fahren an einem vorbei, während über dem Kopf ein aerodynamisches Flugzeug herfliegt. Die Zeiger der großen Uhr an der Bahnhaltestelle ticken schrittweise im Kreis und auch die Farben der Ampel gehorchen einem festgelegten Zeichencode.

In der praktischen Jeans steckt eine handliche Geldbörse – mit dem Geld könnte man vielleicht eines der seltsam neuartig wirkenden Möbel hinter dem Schaufenster kaufen. Das Möbelgeschäft ist eines von vielen Gebäuden um den Zuschauer herum. Der bunte Kiosk sieht anders aus als die Bank. Die Organisation eines Mehrfamilienhauses stellt ganz andere Anforderungen als die Planung einer Kirche. Alles, was wir Menschen benutzen, hat in seiner Entstehung auch einen Designprozess durchlaufen – auch wenn nicht immer unbedingt ein Mensch beteiligt war, der sich Designer nennt.

Aber was ist Design? Kann man den Begriff überhaupt einheitlich fassen und in seiner Gesamtheit besprechen? Tatsächlich gibt es die verschiedensten Aufgabenbereiche. Das Kommunikationsdesign, manchmal auch Grafik Design oder Informationsdesign genannt, kümmert sich hauptsächlich um die Vermittlung und Strukturierung von Information und Wissen. Industriedesigner entwickeln Produkte, die dann meistens in industrieller Serienproduktion hergestellt werden.

Transportation Designer entwerfen Lösungen für Autos, Bahnen oder sogar Flugzeuge. Interfacedesigner arbeiten an der Schnittstelle zwischen Menschen und Maschinen, so dass letztere besser gesteuert werden können. Dann gibt es noch Sound Design, Mode Design, Schmuck-Design, ganz spezielle Aufgabenfelder wie Food Design und so weiter. Man sollte zu dieser Aufzählung auch die Architektur hinzunehmen. Architekten sprechen auch bei Gebäuden von ihrem Design und tatsächlich sind die Aufgaben von Architektur untrennbar mit denen anderer Designdisziplinen verbunden. Nun wird alles zunächst noch undurchsichtiger, wenn erwähnt wird, dass sich das Design auch um die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten bemüht. Das Service Design zum Beispiel strukturiert und kommuniziert Dienstleistungen und beschäftigt sich mit deren Verwirklichung. Man begreift schnell, wie vielseitig Design ist und es erscheint sehr schwierig, den Begriff zu erklären. Design orientiert sich an den menschlichen Bedürfnissen. Es geht darum, die Phänomene der Welt so zu organisieren, dass sie eine optimale Wirkung beim Menschen erzielen. Eine spannende Aufgabe!

Produktform und Gesellschaft

[…] Zwischen Handwerks- und Kunstarbeit differenziert sich in historischer Zeit die Gestaltung von Gebrauchs- und Luxusgütern aus. Doch muss man eine deutliche Grenze zwischen vorindustriellen und industriellen Produktkulturen und Gestaltungstätigkeiten ziehen. Denn erst hier präzisiert sich das Berufsbild des Designers, beginnt die moderne Produktionsweise eine neue und eigene Ästhetik zu entfalten und verändert sich das Verhalten gegenüber der Objektwelt. Die Veränderungen betreffen die Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung der Zeitgenossen, und zwar gekoppelt an das Tempo der Industrialisierung.

[…] Zwei Klassiker der Kulturtheorie, die auf Gegenstandsbezüge eingehen, der eine in der Analyse vorindustriellen Entwicklungen des alltagskulturellen Verhaltens, der andere fasziniert vom Gang der Mechanisierung des modernen Lebens, sprechen nirgends über Formgebung im Sinne von Design, sondern von einer Durchgestaltung der Kulturen auf der Grundlage sich langsam oder rasch verändernder gesellschaftlicher Reproduktionsbedingungen.

[…] Messer und Gabel wurden gleichsam vom kollektiven Bedürfnis und von der gesellschaftlich produzierten Handhabungsweise entworfen und zu Gegenständen kultureller Erfahrung und Tradition gemacht.

[…] Die Ästhetik der Erscheinungs- und Handlungsformen der Werkzeuge für das Leben folgt der Überlieferung und ihrer langsamen Veränderung aus gesellschaftlichem Bedürfnis. Noch Anfang des 19. Jahrh. gibt es in Deutschland keine Design- Diskussion. Auch wenn der Klassizismus schon ein Programm enthält, sind die schlichte Kanne aus der Manufaktur oder der Schreiner-Stuhl, wie er in Goethes Arbeitszimmer stand, Ausdrucksform von Lebensweise, Moral und Schönheitsempfinden ihrer Hersteller und Gebraucher.

[…] Lampe, Nähkasten und Tisch lösen sich als Entwürfe und im Gebrauch noch nicht aus dem gewachsenen kulturellen Zusammenhang. Man könnte sagen, die Gegenstände waren damals, auf der Schwelle zum Industriezeitalter, noch nicht übermächtig. Bis zu dieser Schwelle darf man wie Norbert Elias den Formen und Ritualen des Gebrauchs und ihrer Entstehung auf sozio- und psychogenetischer Grundlage mehr Aufmerksamkeit zuwenden als den Formen des Geräts.

[…] Nicht das Werkzeug wird zivilisiert, sondern dessen Gebrauch und Wahrnehmung. Erst ändern sich die Menschen, die gesellschaftlichen Rituale des Miteinander, und schließlich färbt davon auch etwas auf die Form der Geräte ab.

[…] Die gesellschaftlich produzierte Geste, ihr Inhalt oder ihre kulturelle Bedeutung entstehen vor dem sichtbaren Design der Gegenstände.

[…] Für eine Annäherung an Designgeschichte lehren die Analysen von Elias, dass die in vorindustrieller Zeit produzierten Gegenstände in ihrer Funktion und Gestalt Reflexe auf das gesellschaftlich definierte, sich über lange Zeit konstant haltende oder nur langsam ausdifferenzierende Ritual des Gebrauchens darstellen. Das heißt auch, dass die alten Gegenstandsformen im Einklang mit den Bedürfnissen standen und sie sich nicht erst schaffen mussten.

[…] Erst die Industrialisierung treibt einen so scharfen Widerspruch zwischen Natur und Kultur, Mensch und Objektwelt, Organischem und konstruierter Künstlichkeit hervor, dass sich das Verhältnis von Gegenstandsform und gesellschaftlicher Erfahrungsdichte umzukehren scheint. Für die Wahrnehmung werden gegenstandsgebundene Funktionen und Gestaltungszusammenhänge bedeutsam, die es vordem nicht gegeben hat und die sich nun von alten Formen des sozialen Miteinanders abkoppeln.

[…] Der Zuwachs an differenzierten Werkzeugen und die Erleichterung von Verrichtung en durch technische Hilfen bedeuten einerseits Entlastung von harter körperlicher Arbeit, andererseits eine größere Entfernung der Menschen von ihren Werkzeugen und als Subjekte voneinander in Arbeit und Lebensvollzug. Ein bezeichnendes, bei Giedion zitiertes Beispiel (Giedion, 1982) ist die 1783 von Oliver Evans erfundene mechanische Mühle, ehe es in Amerika überhaupt Industrie gab.

[…] Damit war der erste Entwurf eines organisierten Produktionsprozesses unter weitergehender Ausschaltung lebendiger Arbeit gelungen, also ein Akt vorgenommen, der tief in die Selbstwahrnehmung des sich in der Arbeit vergesellschaftenden Menschen einschnitt.

[…] Eine ähnliche Tendenz bildet sich in Eindringen mechanischer Bequemlichkeiten in die privaten Lebensbereiche zunächst weniger, dann vieler Gebraucher neuer Dinge ab. Auch hier verändert sich das Gegenstandsverhältnis in der technischen Substitution von Alltäglichkeiten, die einmal kooperativ in der Produktionseinheit der Familie oder darüber hinausgehend sozial vollzogen wurden. Man sieht das am Beispiel der Mechanisierung der Vorratshaltung und der Küchenarbeit. Im Vordringen neuer Werkzeuge in den privaten Haushalt ist die Auflösung jener selbstverständlichen Vertrautheit der Menschen mit den Dingen und miteinander, die Gutzkow noch als gegeben erinnert, deutlich zu spüren. Auch bei Giedion ist das eigentliche Design nicht die vergegenständlichte Gestaltungsleistung, sondern die untergründige Formtendenz in der Handhabung neuer Funktionstypen, die ihre Rolle bei der Gestaltung des industriellen Menschentypus spielen. Die Produktionsweise hat immer ihren Ausdruck am Produkt und an seinem Gebraucher gefunden. Aber nun drängt sie sich der Natur des Menschen über die Wahrnehmung und Handhabung neuer Funktionen stärker denn je als Form auf. In der Fabrik wird der Arbeitende zum abhängigen Teil der Maschine, sich selbst und anderen entfremdet. Auch in der Reproduktionssphäre wird der Gebraucher im Zuge der Mechanisierung tendenziell selbst zum Teil der mechanischen Funktionen.
Dazu kommt die Verfremdung der Gegenstände auf anderer Ebene. Die Dynamik der von Marx analysierten Warenform, in der nun alle Produkte unverkennbar auftreten, beginnt sich zu entfalten. Mechanisierung und Warenform treten gemeinsam in Aktion. Ihr Plateau sind die Weltausstellungen seit 1851.
Nun kann man von einer Psychologie des Massenprodukts sprechen. Blieben Gestaltung und Aneignung der Werkzeugformen in vorindustrieller Zeit eingebunden in ein gesellschaftliches Miteinander des Produzierens und kultureller Handlungserfahrungen, aus denen sich werkzeugliche und ästhetische Traditionen bildeten, wird die Welt der Massenprodukte zu einem eigenen System gewaltförmiger Vergesellschaftung von Wahrnehmung und Erfahrung.
Sieht man von der bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch sehr eingeschränkten sozialen Streuung des neuen Produktreichtums ab, wird die kulturell mitbestimmende Funktion des Design immer deutlicher. Wo die Gegenstände in den Vordergrund treten und mächtig werden, wird auch ihr Erscheinungsbild zwingend.
Bald sieht es so aus, als sei nicht mehr der gesellschaftliche Prozess der Zivilisation, wie ihn Elias bis in die bürgerliche Epoche verfolgt, maßgeblich für Ästhetik und Verhalten, sondern das davon losgelöste neue Ding. Es wird, neben der Arbeitswirklichkeit zum primären Ereignis kultureller Erfahrung. In Folge dieser Entwicklung tritt der Designer nicht nur als Gestalter von Produkterscheinungstypen auf, sondern auch als Entwerfer von Gesten und Haltungen bei der massenhaften Aneignung des Produkts. Das Berufsbild konstituiert sich in dem Augenblick, als der Stand der industriellen Produktivität nach einem Spezialisten der Vermittlung verlangt. Vermittlung heißt hier, Produkte in einer Weise aufzubereiten, dass sie im Sinne einer Durchsetzung industrieller Normen je nach Stand der Technologie und Produktivität funktionieren und den Habitus ihrer Gebraucher formen. Ein Techniker oder Designer handelt in diesem höheren, ihm vielleicht gar nicht voll bewussten Auftrag, selbst wenn er nur einen Staubsauger entwirft.

Logos

Logos und Corporate Designs

Logos sind vor allem Zeichen. Sie codieren die unterschiedlichste Information über Firmen, Produkte, Markennamen, private Vereine und sogar einzelne Personen. So verschieden wie die Verwender von Logos sind auch die Informationen, die in den Zeichen codiert ist – da kann sich beispielsweise der Geschäftsbereich einer Firma ausdrücken, das Image eines Vereins oder ein Lebensgefühl… Formen und Farben werden dabei sehr unterschiedlich genutzt. Logos sind die »Galionsfiguren« von Körperschaften und entwickeln mit der Zeit einen sehr hohen Wiedererkennungseffekt. Der hängt selbstverständlich stark davon ab, wie breit das Zeichen »gestreut« wurde und wie oft man es gesehen hat. Klar, dass das Logo der Post im Kopf besser verankert ist, als jenes von der Bäckerei nebenan. Die klassische Vorstellung von Logos bezieht sich meistens auf die Kombination eines Wortes und einem bildlichen Zeichen. Der Begriff Logos stammt aus dem griechischen und bedeutet soviel wie Wort – aus diesem Grund muss eigentlich immer ein Wort bei einem Logo stehen und ganz genau genommen dürften Bildzeichen, die sogenannten Signets, gar nicht mit dem Begriff bezeichnet werden. Lassen wir aber den allgemeinen Sprachgebrauch gelten! Neben den sichtbaren, also visuellen Logos haben sich mittlerweile auch Sound Logos etabliert, die im Fernsehen, Radio oder auch im Internet immer häufiger zu hören sind. Werden wir auch Geruchslogos zu riechen bekommen, wenn bald Gerüche aus den Fernsehern strömen? Oder wie werden sich Tastlogos anfühlen?

Corporate Design

Firmen und andere Körperschaften bauen sich ganz gezielt ihre markanten und möglichst einzigartigen Images auf. Immer mehr geht es in unserem Kulturkreis darum, sich durch Markenbildung von der Konkurrenz abzuheben. Ein Beispiel ist das der Post: Das Logo wurde bereits besprochen und als »Galionsfigur« bezeichnet – wo ist nun das Schiff? Das Bild des Schiffes ist gar nicht so schlecht. Die verschiedensten Elemente addieren sich zur so genannten Corporate Identity, dem Image der Post. Zum Image der Post gehören so unterschiedliche Aspekte wie das Auftreten der Mitarbeiter, das Aussehen der Postfahrzeuge, die Selbstauffassung des Unternehmens, der Preis der Produkte, die Form der Firmengebäude und viele andere Eigenschaften. Sie alle setzen sich zusammen zum »Schiff«, das über die Wirtschaftsmeere gegen andere Schiffe »um die Wette segelt«. Dabei will es ganz klar und unverwechselbar zu erkennen geben, welche Identität das eigene Schiff, also das Unternehmen, besitzt. Das Corporate Design kümmert sich nun unter anderem um die zeichenhafte Vermittlung des Corporate Images. Alle Elemente des Images werden vom Design so aufbereitet, dass ein Erscheinungsbild entsteht, das von unseren Sinnen wahrgenommen werden kann: Logos, vielleicht ein Sound Logo, Unternehmensfarben, die Gestaltung einer charakteristischen Produktlinie, die Kleidung der Mitarbeiter, die Form der Anzeigen und die Art der Fernsehwerbung sind klassische Aspekte von Corporate Designs. Im Interesse der Unternehmen erfüllen sie vor allem eine Zeichenfunktion, wobei aber auch psychologische, informative und auch technische Funktionen bedacht werden.

Es geht nicht nur darum, das Logo eines Unternehmens umfassend zu benutzen! Ein Corporate Design schafft ein möglichst »MERK-würdiges « und sinnvolles System aus Komponenten, die zusammengenommen die Identität der Firma widerspiegeln. Gleichzeitig werden markante Produktlinien entwickelt, Werbeträger definiert etc.

Kognitive und emotionale Aspekte der Wahrnehmung

Wahrnehmungsinhalte werden einmal durch das aktuelle Projektionsbild und zum anderen durch Gedächtnisinhalte im Bewusstsein zu einer Einheit. Dieser Vorgang beruht auf kognitiven Fähigkeiten des Menschen. Zugleich gilt, dass gerade ästhetische Aspekte des Wahrnehmungsangebotes unbewusst bleiben und emotional erlebt werden. Selbst wenn ein visuell geschulter Betrachter aufgrund des bewussten Wahrnehmens der Gestaltstruktur den Informationsgehalt des Wahrnehmungsobjektes reduziert, bleibt ein Rest, der emotional, d. h. gefühlsmäßig erfahren wird. Die menschliche Erkenntnis über die gegenständliche Umwelt wird demzufolge durch den Intellekt und durch das Gefühl beeinflusst. Bei jedem Menschen sind beide Faktoren mehr oder weniger stark ausgeprägt entwickelt. Bei dem einen überwiegt mehr der Intellekt, beim anderen mehr das Gefühl bei der Konfrontation mit Wahrnehmungsobjekten. Der überwiegend mit kognitiven Fähigkeiten ausgestattete Betrachter von Industrieprodukten ist bestrebt, bei der Wahrnehmung so schnell wie möglich eine Fassbarkeit zu erzielen … Der Intellekt entwickelt eine Vorliebe für Ordnung und Klarheit, weil dadurch der Wahrnehmungsaufwand geringer bleibt. Damit wird erklärbar, dass die Produkte der Firma Braun in den frühen 50er Jahren, die sich wie Bauhausprodukte durch Informationsarmut auszeichneten, vorwiegend von einer »intellektuellen Oberschicht« bevorzugt wurden.
In den 1970er Jahren wurde der Uniformität und Informationsarmut der modernen Industrieprodukte von einigen Kritikern der praktischfunktionalen Industrieproduktgestaltung die Forderung nach Individualität gegenübergestellt. Eine Forderung nach Individualität führt zur Forderung nach Originalität der visuellen Erscheinung der Produkte. Dieser Forderung der Kritiker des damaligen Industrial Designs kamen einige Industrieunternehmen nach durch die verstärkte Ausstattung der Produkte mit ästhetischen Funktionen bzw. erhöhter Komplexität …

Wir leben in einer Zeit, in der die meisten Gebrauchsprodukte technisch so ausgereift sind, dass der Markterfolg der Unternehmen in hohem Maße davon abhängig ist, wie die Produkte dem Benutzer gefallen. Da die Zustimmung zu einem Produkt oder seine Ablehnung durch Interessenten heute vorwiegend von der Art der Gestaltung ausgelöst wird, erhalten Erkenntnisse der Wertästhetik und der Empirischen Ästhetik für das Industrial Design immer mehr Bedeutung.

Designentwicklungen

Designentwicklungen – Warum verändert sich Design?

Unsere Gesellschaft ist einem permanenten Wandel unterworfen. Als eine Facette von Kultur betrifft dieser Wandel auch das Design. [1] Wäre Design ein statischer Zustand, so hieße die Prämisse für Gestalter, dass man nur „das Richtige“ entwerfen müsse, und dann wäre die Arbeit getan. Einmal entworfen, für immer produziert. Doch sogar Designklassiker sind der Regel unterworfen, dass Produkte über kurz oder lang durch andere ersetzt werden.
Oft ist nicht Verschleiß der Grund, dass etwas Neues her soll, sondern eine diffuse Unlust, einen Gegenstand länger zu benutzen oder anzusehen. Nicht sein Funktionieren ist dann veraltet, sondern sein Design, ein Umstand, der Mode in Bewegung hält. Das Bedürfnis nach neuen Dingen an visueller Abnutzung festzumachen, greift jedoch zu kurz. Vielmehr ist unsere Dingwelt mit seiner Variantenvielfalt [2] Ausdruck gesellschaftlicher Dynamik und der damit einhergehenden Haltungen.

Sozialer Wandel, etwa die Tendenz zum Singlehaushalt, verändert die Auffassung von der Umwelt und damit die Art und Weise, sie zu interpretieren. Technische Innovationen eröffnen neue Möglichkeiten, Produkte zu kreieren. Veränderte wirtschaftliche Bedingungen beeinflussen den Produktionsprozess und Marktbedingungen. Alle drei Faktoren sind miteinander verflochten und beeinflussen die Gestaltung von Produkten.

Im zivilisatorischen Wandel etwa der Küche zeigt sich, dass technische Innovationen auch immer soziale und kulturelle Wandlungen nach sich ziehen. Die Erfindung des Kühlschranks beispielsweise eröffnete neue Wege der Vorratshaltung und Lagerung, was wiederum Nahrungsauswahl und Essgewohnheiten beeinflusste. Umgekehrt lösen soziale Umwälzungen einen technischen Innovationsdruck aus. Erfunden und umgesetzt wird dabei nur, was der gesellschaftliche Wandel erfordert. Die alternative Bewegung Ende der 70er Jahre veränderte mit ihrem ökologischen Anspruch nachhaltig das Bewusstsein darüber, welche Nahrung wir zu uns nehmen und wie wir miteinander leben wollen und wurde damit zur Patin von Bioläden und Ökolabels. Auch das kommunikative Konzept der offenen Küche wurde nicht zuletzt unter dem Eindruck alternativer Prämissen erdacht. Ohne entsprechenden Bedarf jedoch gäbe es weder Bioläden noch offene Küche.

Designbegriffe

Designbegriffe – Was ist Design? 

Jeder kennt heute das Wort Design, [1] doch die Vorstellungen darüber, was Design eigentlich bedeutet, unterscheiden sich beträchtlich. Die einen  meinen mit Design etwas Überflüssiges, das auf ein Produkt appliziert wurde. Oder andere preisen ihr Sofa als Designer-Sofa und meinen damit  eine bunte, auffällige oder irgendwie schräge Spielart des Sitzmöbels. Wieder andere assoziieren mit Design zuallererst Kostspieliges. Hinter diesen Beispielen unterschiedlicher Designauffassungen stecken Vorstellungen, Design sei etwas, das einem Gegenstand als ästhetisches Extra hinzugefügt wurde bzw. etwas, das ein Gegenstand hat und ein  anderer nicht. Doch Design ist keine Eigenschaft. 

Sprachgeschichtlich kommt das Wort Design vom italienischen „Disegno“. Im „Oxford English Dictionary“ aus dem Jahre 1886 wird Design zum ersten Mal erwähnt und beschrieben als ein von einem Menschen erdachter Plan oder ein Schema von etwas, das realisiert werden soll; zweitens als ein zeichnerischer Entwurf für ein Kunstwerk oder Objekt der angewandten Kunst, der für die Ausführung eines Werkes verbindlich sein soll¹. Design umfasst also zunächst nicht viel mehr als die einer Arbeit zugrunde liegende Konzeption. Sobald eine planerische Absicht oder ein Entwurf, einem Produkt zugrunde liegt, das arbeitsteilig hergestellt wird, handelt es sich um Design. Dem entsprechend kann es im industriellen Kontext kein Nicht-Design geben.

Aus dieser Definition ergeben sich Grauzonen, die in der Praxis die Abgrenzung zwischen künstlerisch-handwerklicher Produktion und industriellem Design verwischen. 

Design als Schnittmenge zwischen Produktion, Marketing und Gebrauch

Obwohl als Wort schon im 16. Jahrhundert verwendet, kann man von Design in seiner heutigen Begriffsbedeutung frühestens ab der  Industriellen Revolution sprechen. Bis dahin hatte die Produktion von Gegenständen zum größten Teil in der Hand von Handwerkern gelegen. Sie fertigten nach konkreten Aufträgen ihrer Kunden und passten sich deren individuellen Wünschen an. Sollten beispielsweise Türbeschläge und Schlösser für ein neues Haus hergestellt werden, fertigte ein Kunstschmied die Beschläge nach seinem individuellen Repertoire und  regionaler Tradition, von der Zeichnung bis zur Ausführung und je nach  Geldbeutel und Kundenwünschen. Rationelle Massenproduktion, Lagerhaltung für eine anonyme Käuferschaft und das Prinzip der Arbeitsteilung brachten im 19. Jahrhundert eine Trennung von Gestaltung und Herstellung mit sich. Der Designer war geboren. Als „Musterzeichner“ lieferte er Produktvorlagen für die  Maschinenparks in den Fabriken. 

Normen, Serien und Natur 

Um eine nennenswerte Anzahl von immer gleichartigen Produkten produzieren zu können, war es nötig, zunächst Werkzeuge und Maschinen zu vereinheitlichen und bestimmte Maßeinheiten festzulegen. Sodann wurden auch die Einzelteile eines Produktes normiert. Die Schaffung solcher Standards war eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Massenfertigung. Neben der Normierung begannen Unternehmen, ihre Produktpalette zu  typisieren. Das heißt, die verschiedenen Produkte bekamen mehrere Varianten, die dann unterschiedlich miteinander kombiniert wurden. So  ließen sich aus wenigen Grundtypen viele Varianten bilden, die wiederum  unterschiedliche Käufervorlieben bedienen konnten. Mechanisierung, Standardisierung und Typisierung wurden zum Grundprinzip der Massenfertigung. Seit der Industrialisierung beschäftigen sich Gestalter mit der Frage, wie man einen Gegenstand so entwickeln kann, dass er maschinell möglichst kostengünstig gefertigt werden kann und gleichzeitig  eine für den Menschen ansprechende Form hat. 

Die Industrialisierung schuf nicht nur die Möglichkeit, Gegenstände massenhaft zu produzieren. Sie bewirkte am Anfang auch die weite Verbreitung einer Ästhetik, die bisher nur dem fürstlichen Adel vorbehalten war. Besonders attraktiv erschien die Verwendung von Dekor als Zeichen von Wohlstand und Kostspieligkeit. Formen der Schnitzereien und  Intarsien oder feinsten Ziselierungen, die von Handwerkern einst kunstvoll hergestellt worden waren, übertrugen Musterzeichner nun auf alle  möglichen Industrieprodukte. In vergröberten Varianten spuckte die Maschine sie im Minutentakt für Prunkschalen, Kommoden, Leuchter und  dergleichen mehr aus.  Doch sollten neue technische Erfindungen in alte Formen „verpackt“  werden? Wie könnten elektrische Lampen, Nähmaschinen oder Automobile aussehen? Wie von Handwerkern gemacht? Wenn nicht, welche Formen sollte man den von seelenlosen Maschinen gestanzten, gefrästen und gegossenen Gegenstände dann geben? 

Den us-amerikanischen Architekten Louis Sullivan trieb um 1896 eine  ähnliche Frage um, nämlich wie neuartige Hochhäuser zu gestalten seien:  „Wie sollen wir aus der schwindelnden Höhe dieses so andersartigen, unheimlichen, modernen Hauses die frohe Botschaft des Gefühls, der  Schönheit … verkündigen?“ Die Lösung der Frage lag für Sullivan  paradoxerweise in der Orientierung an die Natur²: 

„Jedes Ding in der Natur hat eine Gestalt, das heißt eine Form, eine  äußere Erscheinung, durch die wir wissen, was es bedeutet, und die es  von uns selbst und von allen anderen Dingen unterscheidet. In der Natur bringen diese Formen das innere Leben, den eingeborenen Wert der Geschöpfe oder Pflanzen, die sie darstellen, zum Ausdruck; sie sind so charakteristisch und unverkennbar, dass wir ganz einfach sagen, es sei ‚natürlich’, dass sie so sind… Ob wir an den im Flug gleitenden Adler, die geöffnete Apfelblüte, das schwer sich abmühende Zugpferd, den  majestätischen Schwan, … die ziehenden Wolken oder die über allem  strahlende Sonne denken: immer folgt die Form der Funktion.“ 

Volker Fischer, Anne Hamilton (Hg.): Theorien der Gestaltung. Grundlagentexte zum Design, Band 1. Franfurt / Main 1999, S. 144

Louis H. Sullivans Kerngedanke war, dass die Form die logische  Konsequenz des Inhalts, das Wesen eines Dinges sei. Obwohl er „form  follows function“ zunächst auf die Architektur von hohen Bürogebäuden bezogen hatte, ist dieser Satz wegen seiner aus dem ursprünglichen Kontext gelösten Abstraktheit seit über 100 Jahren das zentrale  Paradigma des Designs. 

Design ist also keine Oberflächengestaltung, sondern entwickelt sich quasi  von innen nach außen. Von den Zielsetzungen ausgehend entsteht die Form. 

Form, Funktion und rechter Winkel 

Louis H. Sullivans Leitsatz „form follows function“ beschreibt das Verhältnis zwischen dem Zweck eines Gegenstandes und seiner Form und wurde zur  Grundformel einer internationalen Designauffassung, die in Deutschland als Funktionalismus bis weit in die 80er Jahre allgemeingültig war. Das Fundament dieser Denkrichtung wurde am Anfang des Jahrhunderts vom Deutschen Werkbund und Gestaltern wie Peter Behrens, Walter Gropius, Adolf Loos und anderen gelegt. Als Gegenreaktion auf die ausufernden Dekorierungsorgien des Historismus kämpften sie für die dem reinen Zweckgedanken folgende Gestaltung. Doch erst nach dem 2. Weltkrieg erlebte der Funktionalismus seinen Durchbruch. Dieter Rams [2], über 30 Jahre Leiter der Abteilung Produktgestaltung des Elektrogeräte- Herstellers Braun, erinnert sich an die Prämissen: “Konsequent, funktionsorientiert, sehr klar, geordnet, einfach, transparent. Hier war eine Vorstellung von brauchbarer, durchdachter, humaner Gestaltung  verwirklicht.” Der rechte Winkel schien als Symbol für Sachlichkeit und Funktionalität am  besten geeignet. Ob im Stadtraum, in der Wohnung, bei der Arbeit oder auf dem Küchentisch, der Siegeszug des Funktionalismus’ war unaufhaltsam. Doch mit seinem Erfolg wuchs auch das Unbehagen an einer zunehmenden ästhetischen Verarmung. Immer mehr Kritiker begannen sich gegen Ende der 60er Jahre zu fragen, ob die geglätteten Produkte, wenngleich sie hervorragend funktionierten, nicht eher steril als human wirkten. Nach Jahren der theoretischen Auseinandersetzung formierten sich schließlich Anfang der 80er Jahre immer mehr Designer, die mit ironischen Provokationen die gängigen Designregeln des  Funktionalismus’ auf den Kopf stellten. Allen voran die Gruppen Alchimia und Memphis in Italien, die von der systemkritischen Design-Bewegung Radical Design von Italien ausgehend wesentlichen Einfluss auch auf die weitere Designentwicklung in Deutschland hatten. In Memphis’ und Alchimias Arbeiten formulierte sich ein völlig neues Verständnis von Design. Es wurde zum Frontalangriff auf eine bis dahin allgegenwärtige puristische Ästhetik. Mit Witz, Ironie und Provokationen machten v.a. junge Designer auf ein Riesenmanko der bisher herrschenden Designdoktrin aufmerksam: dem Fehlen von Emotionen und  Sinnlichkeit. Und tatsächlich konnte die Formel „form follows function“  keine Antwort darauf geben, warum Menschen emotionale Objektbeziehungen zu Gegenständen aufbauen, warum manche einen bestimmten Kaffeetopf lieben oder nur diese eine Automarke fahren wollen. 

Medien, Wirtschaft und ein Workshop 

Das neue, emotionsgeladene Design der 80er Jahre verursachte nicht nur ein nachhaltiges Umdenken in der Formgebung, es führte auch zu neuen Konzepten in Herstellung und Vertrieb. Die meist in Kleinserie handwerklich hergestellten neuen Möbel und Accessoires der Designrebellen wurden auf Ausstellungen wie Kunstwerke präsentiert, in neu entstandenen Designgalerien vertrieben oder einfach auf Bestellung verschickt. 
Riesengroß war das Medieninteresse am neuen Design in den 80er und 90er Jahren. Nicht wenige Designer mit Talent zur Selbstdarstellung schafften den Sprung aus den Fachblättern in die Wochenmagazine und Tageszeitungen. Bekanntestes Beispiel ist der Franzose Philippe Starck, der mit unkonventionellen Entwürfen und unverwechselbarem Stil weltweit bekannt wurde. 

Werte, Differenz und nationale Vorlieben

Die wilden Jahre des postmodernen Designs fallen nicht von ungefähr in  die Zeit von Digitalisierung, Pluralisierung und Glasnost. Durch die  Globalisierung im letzten Jahrzehnt nahmen die unterschiedlichen kommerziellen und ethischen Handlungsvoraussetzungen bei Designern, Herstellern und Käufern noch zu. Als Ergebnis der gesellschaftlichen Umwälzungen treffen Produkte in der westlichen Welt auf eine inzwischen stark ausdifferenzierte Käuferschaft mit wankelmütigem Verbraucherverhalten und extrem verschiedenen Geschmacksrichtungen. Design ist dem dynamischen Prozess des Wandels direkt unterworfen. 

Neben gesellschaftlichen Umwälzungen sind auch technische  Innovationen für ein neues Design verantwortlich. Spätestens mit der Digitalisierung trennte sich das technische Innenleben der Gegenstände von der Form. Wir verstehen nicht wirklich, was sich im Inneren abspielt, wenn wir telefonieren, CDs hören oder am Computer arbeiten. Wie dann ‘das Wesen eines Dinges’, von dem Louis Sullivan einst ausging, in die Außenform transformieren, zum Beispiel das Innenleben eines  Mikrochips? Designer konzentrieren sich bei technischen Produkten dieser Art stattdessen auf die Lösung ergonomischer Anforderungen. Und sie legen Wert auf die emotionale Qualität der Produkte. 

In unserer immer stärker ausdifferenzierten Warenwelt ist Design heute  also weit mehr als die Lösung von Form- und Funktionsproblemen. Vor allem emotionale und marketingrelevante Faktoren wurden in den Begriff integriert. Design wird zum Kommunikationsmittel, denn jedes Produkt transportiert Einstellungen und Werte. 
Ob billig hergestellt und teuer vermarktet, ob aus hochwertigen Materialien  und auf Langlebigkeit hin ausgelegt – das produzierende Unternehmen drückt mit seinen Erzeugnissen ebenso Haltungen aus wie der verantwortliche Designer und spätere Käufer. Sogar nationale Unterschiede und Vorlieben lassen sich anhand der Wahl der Gegenstände ablesen.